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GILDEWissen » Geschichte & Ursprung

Die Geschichte der Wildeshauser Schützengilde

Die Wildeshauser Schützengilde gibt ihr Gründungsjahr mit dem Jahr 1403 an. Im Niedersächsischen Städtebuch ist nachzulesen, daß die "Schützengesellschaft" zuerst 1574 erwähnt wurde.

Sie sei jedoch zweifellos älter und aus einer mittelalterlichen "broderschup der teindusend ridder" erwachsen. Die Wildeshauser Schützengilde ist noch im Besitz zahlreicher Rechnungsbücher. Das älteste Buch datiert vom Jahre 1482. Das Buch schließt aber an ein früheres an, da auf ältere Vorgänge Bezug genommen wird. Aber auch das von der Schützengilde angenommene Gründungsjahr 1403 scheint nicht richtig zu sein. In der "Fest - Zeitung der Jubelfeier des 100-jährigen Anschlusses Wildeshausens an Oldenburg" wird in einem Aufsatz von J. Huntemann als Gründungsjahr 1355 angegeben. Er beruft sich dabei auf Urkunden, die zu dieser Zeit zwar nicht mehr vorhanden waren, aber noch "vor kaum einem Menschenalter" vorhanden gewesen seien. Die erste und wohl glaubwürdige Aufzeichnung hat Archivrat Dr. Leverkus aus Originalurkunden geschöpft, die sich auf dem Rathaus vorfanden und lauten: "1355 Dezember 20. Die Ratsmannen der Stadt geben den Eingesessenen , welche Bürger sind, eine Gilde und Bestimmen die Gerechtsame derselben". Das Jahr 1403 wird augenscheinlich erst seit 50 Jahren als Gründungsjahr angesehen, und zwar aufgrund eines Mißverständnisses.

Lassen wir J. Huntemann (Fest - Zeitung von 1903) zu Worte kommen:
"Im Jahre 1857 erhielt die Gilde die ersten geregelten, in Paragraphen aufgeteilte Statuten. Damals war noch sämtliches Aktenmaterial vorhanden und wurde eingangs als Zweck der Statuten erwähnt, daß es nötig sei, diese Statuten der Gilde, "die seit etwa 500 Jahren besteht", neu eintretenden Mitgliedern mitzuteilen. Die eigentliche Fünfhundertjahrfeier ist nicht gefeiert, weil damals noch kein großer Sinn für solche Jubiläen bestand und andererseits, weil Wildeshausen wenig Hinterland hatte und schwer zu erreichen war. Das älteste noch vorhandene Rechnungsbuch, so werden diese Bücher genannt, beginnt mit dem Jahre 1574. Man kann sofort erkennen, daß die Rechnungen schon länger für die Gesellschaft geführt sein müssen. Vor dem ältesten, jetzt noch im Besitz der Gilde befindlichen Rechnungsbuch, waren 3 Rechnungsbücher bereits voll. Das Allerälteste war in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts so vom Zahn der Zeit angegriffen, daß es mit vielen Bändern umwickelt war, um zusammengehalten zu werden. Ein großer Teil der Chronisten ist geneigt, die Schützengilde aus der Johannisbrüderschaft, die in den Stadtakten mehrfach genannt wird, herzuleiten, z. B. wie Herr Archivrat Dr. Leverkus aus Originalurkunden feststellte, 1333 und 1365."

In dieser "Fest-Zeitung" vom 31.5.1903 findet sich kein Wort darüber, daß die Schützengilde in diesem Jahre 500 Jahre alt sei. Der Untertitel der Festzeitung lautet "in Verbindung mit der Jubelfeier der Wildeshauser Schützengilde".

Im Jahre 1903 hat man offenbar die 500-Jahrfeier nachgeholt, weil man die Feier für den Anschluß an Oldenburg mit einer gewissen Würdigkeit begehen wollte. Oder sollte es die 550-Jahrfeier sein, die wegen der fehlenden zwei Jahre (b. 1905) nur annähernd erfüllt war?

Die Statuten aus dem Jahre 1857 sprechen von der Gilde, "die seit etwa fünfhundert Jahren besteht". Das Jahr 1403 ist - soweit ersichtlich - erst seit etwa 50 Jahren in Rede. Lübbing ("Geschichte der Stadt Wildeshausen", Seite 106) legte das Stiftungsjahr der Schützengilde "nach durchaus glaubhafter örtlicher Tradition" auf das Jahr 1403. Von alten Wildeshauser Bürgern wird dieses Stiftungsjahr aber bestritten. Die "Gilde" sei älter.

Genaue Unterlagen über das Stiftungsjahr sind möglicherweise nicht mehr vorhanden. Interessant ist aber in diesem Zusammenhang die mit der Gilde seit altersher verbundene Totenlade. Lübbing schreibt (Geschichte der Stadt Wildeshausen, Seite 69): "Bald nach dem Pestjahr 1350 entstand die Petersgilde, eine Art mildtätiger Laienbrüderschaft, welche sehr geschickt Geselligkeit mit Sorge für Sterbende, Verstorbene und Hinterbliebene vereinigt".

Huntemann (Fest-Zeitung vom 31.5.1903) bemerkt, daß die mittelalterlichen Schützengilden neben dem Hauptzweck Bürgerwehr fast alle einen geistlichen Nebenzweck hatten. Die Schützengilde zu Hannover, deren Akten noch alle erhalten seien (1903), stimmen in ihren Gebräuchen und Einrichtungen mit denen der Wildeshauser Gilde weitgehend überein. Bereits aus den ältesten Unterlagen der Gilde ergibt sich, daß mit ihr stets die "Totenlade" verbunden war. Diese Totenlade hatte die gleichen Zwecke wie die von Lübbing (a.a.O.) erwähnte Petersgilde.

In der gleichen Zeit wird in den Stadtakten mehrfach die Johannisbrüderschaft erwähnt (nach Archivrat Dr. Leverkus, zitiert bei Huntemann a.a.O.), und zwar u. a. 1333 und 1365. Ob zwischen der Johannisbrüderschaft und der Petersgilde ein Zusammenhang besteht, wäre vielleicht einmal näher zu untersuchen.

Nach alter Überlieferung ist die Schützengilde die frühere Bürgerwehr der Stadt Wildeshausen. Dafür spricht manches Brauchtum der Gilde. So wurden noch bis 1933 die Totenlade und das Zechgeld durch die Stadt Wildeshausen eingezogen. Der Bürgermeister der Stadt ist heute noch General der Gilde. Die früheren Rechnungen der Gilde sind von dem Bürgermeister geprüft bzw. unterschrieben worden. Die Akten und Wertgegenstände befanden sich stets in Gewahrsam der Stadt.

Von welcher Zeit an das Schützenwesen mit der Gilde verbunden ist, ist nicht genau anzugeben. Mit ziemlicher Gewißheit ist jedoch festgestellt worden, daß Anfang des 15. Jahrhunderts Schießübungen von den Bürgern abgehalten worden sind. Der Zweck der Übung war, die Bürger mit der Feuerwaffe auszubilden. Schon in Fehden mit den Quakenbrückern in den Jahren 1400-1430 konnten sie von ihrer Ausbildung mit den Gewehren profitieren. Auch wurden zu jener Zeit von der Gilde bzw. Bürgerschaft 10 gewappnete Ritter mit Schild und Harnisch gehalten, welche nicht selten im Kampf mit den Quakenbrückern in Tätigkeit getreten sind. In den Fehden mit dem Grafen Diedrich von Delmenhorst im Jahre 1440 war die Gilde, ähnlich wie heute noch, in 4 Kompanien und eine Wachkompanie eingeteilt. Ebenfalls erzählte die Chronik von einem Trommlerkorps, welches morgens um 4 Uhr früh den Generalmarsch schlug, während die Wachkompanie an den Toren der Stadt Wache hielt.

Das eigentliche Schützen- bzw. Gildefest ist in den vergangenen Jahrhunderten nicht immer so regelmäßig und in der Art und Weise wie in heutigen Tagen gefeiert worden. Während des 30-jährigen Krieges wurde das Schützenfest nur selten veranstaltet. Auch nach dem Krieg und selbst Anfang des 18. Jahrhunderts hielt sich die Feier durchweg in mäßigen Grenzen. Nur hin und wieder kam es bei den Abrechnungen zu fröhlichen Trinkgelagen.

Ein glänzendes Gepräge, welches sich bis auf den heutigen Tag erhalten und sogar noch mehr ausgebaut hat, erhielt das Schützenfest vom Jahre 1769 an und zwar auf Veranlassung des Kaufmanns Köhne und des Kaufmanns, Stadtkämmerers und späteren Bürgermeisters Georg Friedrich Schetter. Zu dieser Zeit wurden die großen Filzhütte der Offiziere gegen seidene Admiralshütte getauscht. Die rot-weißen Wollschärpen wurden durch seidene mit goldenen Fransen ersetzt. Auch die langen, blauen oder schwarzen Tuchröcke der Herren Offiziere erfuhren eine Änderung und zwar in der Weise, daß während des Schützenfestes die Horn- und Zeugknöpfe durch silberne Knöpfe ersetzt wurden. Die jetzige Uniformierung wurde in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts eingeführt.

Das Kleinod der Schützengilde, die silberne Kette mit Vogel und den vielen Schildern, ist der Schmuck des Schützenkönigs. Die an dem Vogel eingravierte Jahreszahl ist nicht genau zu erkennen. Wie angenommen wird und aus der Chronik hervorgeht, muß die Kette ein Alter von weit über 500 Jahren haben. Nicht jedes Jahr ist die Kette um ein Schild bereichert worden (Ausfall während Kriegszeiten). Von 1829, 1830 und 1831 ist kein Schild zu finden. Das Schützenfest ist in dieser Zeit wegen der schlechten Ernteaussichten nicht gefeiert worden. Zum Teil sind auch Schilder wegen mangelhafter Befestigung verloren gegangen.

Viele Dinge in der Geschichte der Wildeshauser Schützengilde sind auch heute noch nicht endgültig geklärt, einiges davon ist wahrscheinlich auch nicht mehr aufzuklären. Die Durchsicht des in den verschiedensten Archiven befindlichen Aktenmaterials kann aber sicher manchen weiteren Aufschluß liefern. Aber nicht nur die älteste Zeit unserer Gilde interessiert, sondern auch die jüngere. Hin und wieder hört man, daß hier und dort noch alte Schriftstücke über die Gilde vorhanden seien. Wer über solche Dokumente oder ähnliches verfügt, möge sich doch bitte melden, damit die Unterlagen einmal gesichtet und verglichen werden können.

Quellen: Schriftstücke von Alfred Panschar, Wildeshausen gestern.... heute... morgen... April/Mai 1977